Anila Weekly 22.3

Das C-Virus poltert an unsere Luke, erneut sammelt sich Wasser über unserer Köpfen und es bahnt sich ein Abschied an.

Montag
Wir starteten gut gelaunt in die Woche und gingen erstmal das lange gesuchte Holz einkaufen. Endlich haben wir «marine grade»-ähnliches Holz gefunden, welches gemäss Aussagen, zwischen den Holzschichten mit einem speziellen Kleber verleimt ist. Es ist das Beste was wir bis anhin finden konnten und sich hoffentlich nicht nach einem Tag bereits verbiegt wie ein Surfbrett. Natürlich konnten wir den Laden nicht ohne eine kleine Episode mit J.A. verlassen. Im Auto bemerkten wir, dass sein kleines Notizheft fehlt. Zurück im Laden suchten wir alles ab. Auch hier gab es ein Beweisfoto mit dem besagten Heft. Selbst draussen in der Sägerei war es nirgends zu finden. Alle halfen mit es zu Suchen, selbst beim Fahrer der uns die Holzstücke zum Schiff lieferte, lag nichts auf der Ladefläche. Nach 10 Minuten kam ein Mitarbeiter mit dem Heft in den Händen in den Laden. Das Heft lag draussen auf der Strasse und muss von der Ladefläche gefallen sein, als der Lieferant davon fuhr. Schreck lass nach. Wir haben das Heft wieder!Weniger Glück hatten wir beim nächsten Laden, dem Schraubenladen. Als Gringos kennen wir die mexikanischen Nationalfeiertage nicht auswendig und prompt war an diesem Tag der Feiertag von Benito Juaréz Geburtstag. Für uns bedeutet das, viele Läden sind zu oder schliessen am Mittgag. Auch im Plastikladen hatten wir Pech. Das gewünschte Material komme erst am Mittwoch. So bleibt uns nur noch übrig nach Hause zu gehen und weiter unsere Projekte zu verfolgen.

Dienstag
Den Tag verbrachten wir mit unseren jeweiligen Arbeiten. Iñaki im Schlussspurt mit den neuen Borddurchlässen, J.A. mit dem Einpassen der Holzstücke für die Werkstatt im Motorenraum und ich, mit all den anderen kleinen Sachen. Als mir meine Mutter am Montag bei einem Telefonat mitteilte, dass wir schlechtes Wetter bekämen, nahm ich es gelassen entgegen. So gut es ging haben wir die Sachen Draussen am Abend abgedeckt.

Punkt 1:30 Uhr wurde ich von Regentropfen geweckt. Der Rundgang rund ums Schiff und auf dem Deck sah gut aus. Die wichtigsten Lecke schienen gut abgedeckt zu sein. Nichtsdestotrotz erwachte Iñaki am Morgen mit einem nassen T-Shirt. Hihihi. Nur die Regenjacke, schützend über das Heckfenster gelegt, konnte die Wassertropfen wirklich abweisen.

Den Morgen verbrachten wir mit Materialrecherche. Sie ist ziemlich aufwändig. Als Beispiel unser Plan, das Rollgrosssegel in ein normales Segel umzuwandeln. Ein solcher Wechsel bedeutet, dass wir auch sogenannte Wägelchen (sail track cars) brauchen, an welchen das Segel am Mast entlang hochgezogen werden kann. Diese laufen auf einer Schiene, welche direkt am Mast befestigt ist. Leider ist unsere Schiene relativ alt und wir haben herausgefunden, dass es dazu keine passenden Wägelchen mehr gibt. Das heisst für uns, wir müssen nun auch die Schiene austauschen und die passenden Wägelchen dafür auswählen. Als Beispiel, die Schiene kostet für 14 Meter Länge rund 500 Franken und jedes Wägelchen, wovon wir etwa 14 Stück brauchen, kostet jedes ca. 40 Franken. Willkommen in der Welt der Schiffe. Alles ist kostet einfach mal doppelt so viel wie «normal».

Mittwoch
Auch der Mittwoch war ein Regentag. Wir montierten die letzten Borddurchlässe und schliessen die Leitungen wieder an. Den Rest des Tages verbringen wir mit Arbeiten im Trockenen.

Auf Facebook haben wir verschiedene Gruppen gefunden, die sich entweder mit denselben Schiffen (Cal Boats) auseinandersetzen oder sich mit spezifischen Themen wie Elektrik, Mechanik oder Installationen beschäftigen. Dank einem Chat mit Sheenan, einem anderen Cal 2-46 Besitzer, konnten wir herausfinden, wie das Ruder aufgebaut ist. Wir wussten nicht, ob es ein Lager hat oder «nur» in einem Plastikgehäuse liegt. Dank Sheenan wissen wir nun, dass es eine simple Fiberglasfassung ist, welches nun etwas ausgeleiert zu sein scheint. Er hat bei seinem Ruder einfach eine grosse Plastikunterlagsscheibe (Delrin) eingesetzt und so das Spiel eliminiert. Die Frage, wie wir das Spiel im Ruder eliminieren ist für uns aber noch nicht befriedigend gelöst. Nach einer weiteren Netzrecherche hat Iñaki im Fiberglas Handbuch von West System eine Anleitung gefunden, wie wir die Ruderfassung erneuern können. Mit einer Mischung aus Epoxy, Graphit und Silica Pulver können wir die Fassung neu aufbauen.

Donnerstag
Die Corona Nachrichten prasseln auf uns ein und wir versuchen uns nicht gross davon beeinflussen zu lassen. Als wir aber beim Znüni vom Inhaber eine schriftliche Nachricht erhalten haben, dass es nicht mehr möglich wäre auf dem Schiff zu wohnen und dass alle Leute die ankommen nur 24h bleiben dürfen brach bei mir etwas Stress aus. Die geglaubte Sicherheit, auf dem Platz bleiben zu dürfen war für mich nicht mehr gegeben. Wir diskutieren kurz alle möglichen Szenarien und entschieden uns für einen Plan A und B. Plan A heisst, wir bleiben so lange es geht auf dem Schiff in der Marina. Plan B wäre, dass wenn die Nachricht kommt, dass wir hier gehen müssen, wir etwa in 4 Tagen im mit dem Schiff im Wasser sein können. Dann wäre das Ziel eine Ankerbucht in San Carlos, welche mit dem Schiff in rund einen Tag erreichbar wäre. Iñaki und ich haben beschlossen, dass wir auf jeden Fall hier in Mexiko bleiben und den Virus ausharren. Unseren bisher nicht vorhandenen Vorrat an Essen und sonstigen Dingen habe ich an diesem Tag begonnen aufzustocken. Geplant ist, dass wir sicher für einen Monat mit Essen versorgt wären, falls wir die Marina verlassen müssten.

Wie sich nach Gesprächen mit weiteren in der Marina lebenden Menschen herausgestellt hat, können wir die Drohung des Rauswurfs gelassen nehmen. Schon öfters hätte der Besitzer laut herumgepoltert und am Ende gar nichts gemacht. Wir warten einfach ab und bereiten uns mental darauf vor, flexibel zu bleiben und uns der Situation anzupassen.

Freitag
Im Verlauf des Tages hatte Trump angekündigt, um Mitternacht die Grenze zu Mexiko zu schliessen. Für uns ist das insofern sch*****, dass Debbie unsere Waren nicht mehr über die Grenze bringen kann. Jeglicher «domestic travel» ist untersagt. Das Gute daran ist, dass auf diese Weise die Virusverbreitung aus den USA gebremst wird. Wir müssen nun abwarten, bis die Grenzen wieder geöffnet werden, damit wir die bereits in die USA bestellten Waren abholen können. Auch das Rigging aus England wird später dorthin geliefert.

Zum Mittagessen hatte Iñaki die langersehnten Poulets von der Restaurantkette «Pollo feliz» (ähnlich wie das „Los Pollos Hermanos“ aus der Serie Breaking Bad) aus der Stadt mitgebracht. José Angel verkündete uns dabei, dass er nach Hause gehen wird und am darauffolgenden Dienstag bereits gebuchte Flüge hat. Seine Frau hat alles für ihn erledigt. Für uns ist es schade, weil wir eine Arbeitskraft und seine lustige Art verlieren aber wir verstehen, dass er seiner Frau in der Heimquarantäne in Spanien beistehen möchte. Als älterer Asthmatiker gehört er zur Risikogruppe und er befürchtet unter anderem, dass er hier keine garantierte medizinische Versorgung besteht im Notfall.

Samstag
Gegen Mittag holten wir in San Carlos noch die letzten Päckli von Debbie ab, die sie am Tag zuvor bei ihrem Camper für uns deponiert hat. Es scheint so, als wäre dies die letzte Lieferung aus den USA für uns gewesen. Die Einfuhrgebühren in Mexiko sind im totalen beinahe 30%, bestehend aus MwSt. von 16% und etwa 10% Zollgebühren. Deshalb werden wir wohl in Zukunft nur mit dem Material arbeiten, welches wir in Mexiko bekommen. Der Rest muss warten.

Da seit am Freitag alle Strände und sonstigen Ausflugsziele für die Bevölkerung geschlossen sind, fällt auch der Ausflug ans «Ojo de agua» in der Nähe der Stadt aus. Auf dem Heimweg führt uns Christi die Fahrerin zu einem Restaurant, welches «ceviche de coco» serviert. José Angel hatte dieses Gericht von einer Bekannten empfohlen bekommen und endlich hatten wir die Chance es auszuprobieren. Das Ceviche wird in einer frisch aufgeschnittenen Kokosnuss serviert. Bevor man das Ceviche erhält, bekommt man das Kokoswasser in einem Plastiksäckli mit Röhrli drin. Das Kokosfleisch wird abgekratzt und bleibt im Ceviche. Dieses wird meist mit einer Flüssigkeit/Sauce aus Tomatensaft (Clamato) und anderen Gewürzen serviert. Es war auf jeden Fall sehr gut!

Am Abend hat uns wieder einmal eine Facebookgruppe mit den richtigen Infos versorgt. In «Boat Electrical Systems» habe ich einen Post zu einem Kühlschrankkompressor gefunden, wo ein pensionierter Danfoss Aussendienstler einen Tipp vergeben hat. Ich habe sofort eingehängt und unser Problem mit dem Auffüllen des Kompressors vermittelt. Prompt bekamen wir alle unsere Fragen beantwortet und eine Schritt-für-Schritt Anleitung zum Wiederauffüllen des Kompressors. In den nächsten Tagen werden wir uns daransetzen und versuchen den Kühlschrank wieder zum Laufen zu bringen.

Sonntag
Der Sonntag verlief wie ein normaler Tag mit den regulären Bootsprojekten. Ausserdem haben wir die definitive Bestellung des Riggings in Auftrag gegeben. Auch das Leichtwindsegel von Oxley ist bestellt. Das Leichtwindsegel von Oxley ist ein sogenannter Parasailor. Diese Segel haben im oberen Teil ein Loch das wie ein Gleitschirm aussieht. Damit kann man das Segel noch bei etwas höheren Windstärken (ca. 20 Knoten) als üblich verwenden. Wir freuen uns, wenn wir das Segel endlich in den Händen halten und uns schon bei wenig Wind bewegen können.

Am Nachmittag baute ich unseren Essensvorrat weiter aus, da wir immer noch nicht genau wissen, was uns hier erwarten wird. Das Essen gleicht einer Proviantierung für einen längeren Segeltörn und reicht nun für ca. einen Monat und besteht vor allem aus getrockneten Hülsenfrüchten, Bohnen, Teigwaren, Reis, Soyahack, Eiern und Kartoffeln. Dazu gesellen sich ein paar Kartons Mandelmilch, Tomatensauce, Erbslibüchsen und eingelegte Chilis. Die Berechnung dafür habe ich aus der letzten Überfahrt von Ensenada nach Guaymas übernommen.

Weniger erfreulich war der Fund einer schlecht reparierten alten Verletzung in der Hülle des Schiffs, sowie kleinen Haarrissen in der Nähe. Wir haben anschliessend alles freigeschliffen und bauen jetzt die Hülle an dieser Stelle wieder mit Epoxy und Fiberglas auf. Das Unterwasser und die Hülle müssen sowieso neu gestrichen werden, deshalb ist das alles kein grosses Problem. Wir sind froh, dass wir alles gesehen haben und es jetzt besser flicken können.

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