Anila Weekly 12.4

Osterwochenbericht – verspätet und in anderer Form als sonst. Wir berichten, was die Diskussion um den Farbanstrich mit dem Namen «Anila» zu tun hat und wie wir am Ende unsere Flagge erhalten haben.

Die Osterwoche begann motiviert, jedoch wird am Boden nicht weitergearbeitet, da Cruz mit seiner Familie ins Hinterland zelten geht. Die anfänglich als rasche Arbeit angesehen, verzögert sich die Holzarbeit langsam aber sicher. Der Lockdown schliesst viele Läden und Material kann teilweise nur per Telefon bestellt werden. Weil wir beschlossen haben das Streichen der Hülle als neue erste Priorität zu setzen, da es zunehmend heisser wird, wollten wir möglichst schnell gute Farbe besorgen. Der Farbenladen PMI ist aber als nicht-essentieller Laden bereits geschlossen. Wir versuchen über sieben Ecken trotzdem an die Farbe zu gelangen. Beim Anstreichen der Hülle darf nämlich eine bestimmte Aussentemperatur nicht überschritten werden, um ein möglichst gutes Ergebnis zu erhalten.

Als ich am Dienstag mit Christi in die Stadt einkaufen gehen wollte, sagte sie mir aufgrund des Virus ab, sie würde mir aber einen Kollegen empfehlen. Dreissig Minuten später stand Alejandro auf dem Platz. Normalerweise arbeitet er in seiner Autowerkstatt und fährt nur nebenbei (immerhin mit zwei Autos) für Uber. Aufgrund der Umstände fährt er jetzt nur noch Uber. Als ich ihm von unserem Plan das Schiff zu streichen erzählte, meinte er, er kenne den Besitzer vom Farbladen und könne uns die Farbe vermitteln. Wir staunten nicht schlecht über die Preise der Marke «Imron». Pro Gallone weisser Farbe bezahlt man 6500 Pesos (325 CHF) und wir brauchen insgesamt drei Gallonen… dazu kommt noch der Primer und anderes Material… Wenn man die Farbe Blau anstreichen möchte, bezahlt man nochmals einen Drittel mehr. Daraus ist eine lebhafte Diskussion um die zukünftige Farbe des Schiffes entbrannt.

Dazu muss ich kurz für die Anekdote ausholen, wie wir überhaupt zum Namen des Schiffes gekommen sind und wieso wir es nicht mehr «Blue» nennen. Bei der Kaufabwicklung im August 2019 stellte sich uns die Frage, unter welcher Flagge wir das Schiff führen möchten. Es stellte sich heraus, dass es schlussendlich nicht eine Frage des Wollens, sondern des Könnens ist. Für die Schweizerflagge müssen Auflagen erfüllt werden, die wir momentan noch nicht alle erfüllen. So wollten wir uns im englischen Yachtregister registrieren. Dort darf man aber nur einen einmaligen Namen eintragen und «Blue» war natürlich schon besetzt. Darum suchten wir nach einem Namen der ähnlich wie «Blue» ist. Nach einiger Recherche fanden wir den Namen «Anila». Er bedeutet im Hinduismus auf Sanskrit Gott des Windes und ist einer der Götter der Elemente des Kosmos. Die feminisierte Form wie wir sie verwenden, da alle Schiffe weiblich sind, steht für diejenige, die ist wie der Wind oder das Kind des Windes. Ausserdem bedeutet es bläulich, schwärzlich. Der Name «Anila» gefiel uns gleich auf Anhieb. Leider waren wir nicht sehr erfolgreich bei der Anmeldung im englischen Register, da dafür ein nach gewissen englischen Standards durchgeführter Survey notwendig wäre. Nach einiger Recherche fanden wir heraus, dass Iñaki mit seiner spanischen Herkunft und EU-Bürgerschaft sich ebenfalls im belgischen Register eintragen kann. Dieses ist bekannt dafür, dass es leicht zu erhalten ist und keine spezifischen Auflagen dafür nötig sind.

Weil wir bis spätestens im Oktober 2019 eine Flagge brauchten, um das Schiff auf dem Wasser bewegen zu können, kamen wir etwas in Zugzwang was die Flaggenwahl betraf. Wir fanden Anfang August heraus, dass Belgien per 1. September den Zugang zur Flagge nur noch für belgische Staatsbürger erlaubt. Als Namen blieben wir immer noch bei Anila. Schnell übersetzten wir alle nötigen Papiere und übermittelten sie online nach Belgien. Wir bibberten um die Flagge, weil wir im Oktober bereits das Schiff von Ensenada nach Guaymas transportieren wollten. Nach einigen Telefonaten mussten wir erfahren, dass uns gemäss Aussage, eine CE-Konformitätserklärung fehlte. Leider kann man in den USA oder Mexiko keine EU-zertifizierten Experten finden, die ein CE-konformes Zertifikat ausstellen könnten. Aus war der Traum von einer europäischen Flagge. Uns blieb nichts anderes übrig, als eine Form der amerikanischen Flagge zu beantragen. In Delaware (einem Steuerparadies) kann man auch als Ausländerin eine «Staatsflagge» erhalten. Nach zwei Telefonaten mit einer Vermittlungsagentur waren wir tatsächlich im Besitz einer amerikanischen Flagge. Sie ist zwar eine Grauzone, doch anscheinend weltweit geduldet. Wir machten uns keine Gedanken mehr darüber, denn bis im Oktober 20 (für ein Jahr) haben wir sicher eine Flagge.

Nun ein Zeitsprung. Vier Tage bevor wir im Februar 20 nach Mexiko geflogen sind, flogen uns zwei eingeschriebene Briefe ins Haus. Einer davon war Iñakis spanischer Pass und der Zweite, man glaubt es kaum, der belgische Flaggenbrief. Wir staunten nicht schlecht, denn wir erinnerten uns daran, dass die belgische Flagge uns verwehrt wurde, aufgrund einer fehlenden CE-Konformitätserklärung. Nach einem kurzen Freudentanz waren wir mehr als froh, jetzt für fünf Jahre im Besitz der belgischen Flagge zu sein. Wir wissen zwar bis heute nicht wieso wir die Bescheinigung dennoch erhalten haben aber wir nehmen sie mit offenen Armen an. Jetzt fehlt nur noch die belgische Flagge. 😉 Das war die Geschichte wie aus «Blue» die Segelyacht «Anila» wurde und wir nun stolze Träger der belgischen Flagge sind.

Zurück zur Diskussion in welcher Farbe Anila nun angestrichen werden soll. Ich war klar für das budgetfreundliche Weiss. Iñaki war für das namenstreue Blau. Gegen Blau spricht die eventuell höhere Lichtabsorption und dementsprechend eine höhere Temperatur im Innern. Gegen das Weiss spricht, dass es dafür eventuell mehr Farbe braucht um das bestehende Blau zu überstreichen und wir somit das vermeintlich eingesparte Geld wieder verlieren. Der Zwischenstand ist nun bei einem helleren Blau. Wir sind gespannt, in welcher Farbe unsere Anila am Schluss scheinen wird und schwarz-gelb-rot weht bestimmt auch einmal am Heck.

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