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Schnappschuss aus dem Auto. Zwischen Guaymas und San Carlos.

Anila Weekly 2.8

Es gibt wieder einmal Glück im Unglück, die Befreiung der Fensterrahmen und einen Showdown im Fall „Palette“. Viva México!

Als ich (Carmen) vor langer Zeit die Ankerkettenkiste neu mit Fiberglas auskleidete, habe ich den rostigen 12V DC Elektromotor für die Ankerwinch vom Strom abgehängt. Wir wollen die Kabel in Zukunft sowieso neu führen und mussten diese auch deshalb umlegen. Weil jetzt die Zeit des wieder Zusammenbauens ist, setzte ich mich entschlossen in die stickige Ankerkiste (ca. 40°C und kein Lüftchen). Als ich das Kabel von der Batterie her am Kontakt am Motor anhängen wollte ist die Kontaktschraube abgebrochen. Ohweh! Der Fehler lag darin, dass ich eine falsche Mutter dafür genommen habe. Die Grösse hat zwar gestimmt aber das Gewinde war nicht identisch. Somit habe ich die etwa zwei Zentimeter lange Kontaktschraube nach fünf Umdrehungen abgemurkst, ohne dass ich viel Kraft darauf gegeben habe. Man kann sich das Gefluche nur vorstellen. Ohne diese Kontaktstelle funktioniert der Motor nicht, das bedeutet, wir können die Ankerkette nicht hochziehen lassen. Leider hat unsere Ankerwinsch auch keinen manuellen Mechanismus dafür, respektive Ankerwinsch geht nichts. Also, wie lösen wir jetzt das Problem? Einen Schweisser herbestellen? Motor ausbauen? Wo finden wir hier das benötigte Ersatzteil? Da kam mir plötzlich ein Gedankenblitz. Héctor aus Mochis! Genau, der
Spontanbesucher von letzter Woche. Er hat eine Firma für industrielle Systemdiagnostik und bearbeitet vor allem Elektromotoren in Minen und Agrotechnik. Ich schickte ihm die Bilder von unserem alten 12V Elektromotor und fragte ihn, wie wir das Problem hier am besten lösen können. Fünf Minuten später schrieb er uns zurück, dass wir den Motor doch abschrauben sollen und ihm per Post zuschicken sollen. Es versteht sich, dass das Ganze für uns ohne Kosten sei. Er könne ihn bei sich in der Werkstatt revidieren, so dass der Motor wieder wie neu ist. Welch ein Glück! Dankend nehmen wir das Angebot an und bringen den Motor gleich am nächsten Tag zum Busunternehmen Tufesa, welches ebenfalls einen Postservice anbietet. Man kann Waren zu den Busstationen im ganzen Land senden, wo der Empfänger sie dann abholen kann. Zwei Tage später hatte Héctor den Motor bereits auseinandergenommen und analysiert. Zwei Teile sollten ersetzt werden. Dank meinem Malheur haben wir nachher einen top revidierten Ankerwinschmotor der in einem besseren Zustand ist als zuvor. Wir müssen den Motor in Zukunft unbedingt besser vor dem Salzwasser der Ankerkette schützen. Dafür werden wir ein Stück PVC-Rohr als Kettenführung einsetzen.

Geöffneter Ankerwinschmotor (original Teil). Unten rechts die abgebrochene Kontaktschraube. Der Rost stammt vom Salzwasser der Ankerkette.
Abgebrochene Schraube dank falscher Mutter.

Zwischenzeitlich habe ich mich diverser Holzarbeiten zugewandt. Das Gestell für Werkzeug und Ersatzteile im Motorenraum, sowie die Navigationsstation mit den Schaltern und Sicherungen mussten gebaut, respektive erneuert, werden. Das Holz dafür holen wir beim lokalen Holzhändler. Wenn man Glück hat, kommt eine schöne Holzplatte angeliefert. Wenn man Pech hat, muss man etwas um die Löcher herumschneiden. Zuerst werden alle Teile eingezeichnet und zugeschnitten. In einem zweiten Schritt werden alle Stücke mit Aceton verdünntem Epoxidharz vorbehandelt, damit die Zellen versiegelt werden und später keine Feuchtigkeit aufnehmen. «Marine grade» Holz sucht man hier vergebens. In einem dritten Schritt werden alle Zuschnitte mit weisser Enamelfarbe angemalt, um das Holz noch mehr zu schützen. Nach rund drei Tagen kann es dann zusammengebaut werden. Dafür benötigte ich schlussendlich vier Tage, da ich immer wieder Teile anpassen musste und die neuen Schnitte wieder versiegeln musste. Auf dem Schiff gibt es keine geraden Linien. Rumpf und Deck haben immer eine bestimmte Krümmung, an welche Einbauten angepasst werden müssen. Es ist eine ziemliche Herausforderung mit primitiven Mitteln möglichst genaue und «gerade» Schnitte zu erhalten, wenn nichts gerade ist und auch die bereits bestehenden Einbauten bereits ihre Eigenheiten hatten.

Navigationsstation im Umbau.

Die Alufensterrahmen im Salon haben wir vor etwa zwei Monaten ausgebaut. Um etwa die Zeit als wir den Mast gelegt hatten. Wir dachten es wäre eine gute Idee das mühselige Entfernen der Farbe von jemandem Externen machen zu lassen, der dafür ausgerüstet ist. Der Kostenvoranschlag von einem Schweisser liess uns leer schlucken. Unser Taxifahrer hatte aber gleich eine Idee wo wir das viel günstiger machen lassen können. Gesagt getan fuhren wir die sieben Rähmen zu seinem Bekannten (die zwei Schiebefenster müssen wir ungeplanterweise ersetzen). Leider stellte sich heraus, dass dieser Kollege die Rahmen mehr verkratzte und überhaupt nicht vorwärts kam. So brachte Alejandro die sieben Rahmen nach zwei oder drei Wochen zum nächsten Ablauger. Zu Beginn hiess es, er benötige dafür drei! Tage. Aber auch dort wurden wir immer wieder vertröstet, wenn wir nach dem Zwischenstand fragten. Man bedenke, dass wir die ganze Zeit keine Fenster im Salon hatten und die Gewitterzeit mittlerweile begonnen hat. Immer wieder hiess es Mañana, Mañana (Morgen, Morgen) und wir wurden vertröstet auf ein anderes Mal. Man bedenke ebenfalls, dass die neuen Fensterscheiben innerhalb von sieben Tagen geschnitten und foliert waren und seit sechs Wochen bereitstehen. Irgendwann begannen wir uns Sorgen um die Rahmen zu machen, da diese einen immensen finanziellen, wie auch materiellen Wert für uns haben. Unser Taxifahrer vertröstete uns ebenfalls immer wieder und sagte er gehe manchmal vorbei um den Zwischenstand zu checken. Als Iñaki letzte Woche mitgegangen ist, um selber zu sehen was bisher gelaufen ist, teilte ihm der Typ in der Werkstatt mit, in drei Tagen (Freitagnachmittag) seien die Rahmen wirklich fertig. Wie es so ist, waren diese am Freitag um 17:00 Uhr immer noch nicht fertig und gemäss Taxifahrer wäre der Typ auch noch krank geworden. «Do lüpfts eim dr Huet». Am Samstagmorgen fuhr Iñaki kurzum in die Werkstatt und holte alle Rahmen ab und wir schleiften sie selber fertig. Wir haben beschlossen, dass wir die Alurahmen «nature» lassen und sie nicht anstreichen werden. Durch natürliche Prozesse wird sich darauf eine weissliche Oxidationsschicht bilden. Sieht zwar optisch nicht sooo schön aus (man könnte es auch Shabby Chic nennen) aber es kann keine Lochkorrosion durch Luftausschluss unter der Farbschicht entstehen. Am besten wäre, wir würden die Rahmen sandstrahlen und anodisieren/eloxieren oder pulverbeschichten lassen. Leider finden wir hier niemanden der solche grossen Teile bearbeiten kann mit diesen Techniken. In den USA wäre das kein Problem gewesen. Das Gute ist, wir sind wieder im Besitz aller unserer Rahmen und wir konnten bereits in einem Testlauf eine erste Scheibe einsetzen.

Minutiöse Anleitung für das Einsetzen von Mineralglasscheiben in Alurahmen.

Der Prozess des Scheibens- und Rahmeneinsetzen ist zweiteilig. Zuerst werden alle Glasscheiben eingesetzt und erst in einem zweiten Schritt montieren wir die Fenster auf dem Schiff. Für das Einsetzen der schwimmenden Scheiben in die Alurahmen mussten diese mit einem ultrafeinen Schleifpapier, sowie speziellem Aktivator und Primer vorbehandelt werden. Dadurch wird die Adhesion des Sika 296 UV Marine Klebers erhöht. Wer bereits einmal mit Sikaflex (aus Oerlikon übrigens) gearbeitet hat, weiss wie herausfordernd es ist. Meistens wird der schwarze Kleber auf Schiffen für Teakdeckböden oder eben Fenster verwendet. Die klebrige, dickflüssige Masse klebt an wirklich allem! und ist schwer wieder zu entfernen. Wir folgten den genauen Arbeitsanleitungen für das einsetzen von Mineralglas auf einem nichtporösen Untergrund und berechneten die benötigte Fugendicke und -form. Das Ergebnis des ersten Fensters lässt sich durchaus sehen, wenn auch etwas zu viel Sika aufgetragen wurde. Im zweiten Schritt, wenn die Fenster verschraubt werden, werden diese mit Butylband abgedichtet, da die Fixierung mit Druck durch einen Innenrahmen geschieht.

Vorbereitung mit speziellem Sika Aktivator und Primer (schwarz).
Testergebnis mit Sika 296 UV Marine.

Genug Technisches erzählt. Die Palette wurde vom Zoll freigegeben!!!! Wir können es kaum fassen. Nach etwa fünf Monaten im Zolllager konnte sie endlich ausgelöst werden dank einem Zollagenten, welcher über eine weitere Logistikfirma gefunden wurde. Wir wissen nicht, wieso das schlussendlich genau funktioniert hat. Nach ewiger und erfolgloser Suche nach einer Zollagentin die für Haushaltswaren zuständig ist, wurde tatsächlich jemand gefunden, der das konnte. Lustigerweise habe ich diese Zollagentenfirma bereits schon im Juni einmal kontaktiert, jedoch nie eine richtige Antwort bekommen. Nächste Woche soll dann alles hier in Guaymas ankommen. Hoffentlich ist noch alles drin.

Bahia San Carlos.

Ich kann nicht genug oft sagen, wie sehr wir uns aufs Wasser freuen und wenn die Zeit des Umbaus auf dem Land vorbei ist. Es ist nicht so, als wäre dann alles fertig aber sicher weniger stressig. Habe ein Bild von der Aquarium Bucht rausgesucht, damit ihr euch etwa vorstellen könnt, wie die erste Ankerbucht aussehen wird.

Bahia San Carlos ist hinten rechts vom Tetakawi.

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